Straßen nach Geschichtsstunde benannt

Bereits zum dritten Mal stand die Benennung der Straßen im Neubaugebiet auf der Tagesordnung des Gemeinderats. In der vergangenen Sitzung hat man sich nun doch auf Namen der Straßen geeinigt. Vor der Abstimmung durften die Gemeinderäte eine Geschichtsstunde von Manfred Schmidt genießen.

Nachdem man bei der Novembersitzung auf keinen gemeinsamen Nenner kam – die Namen des Verwaltungsvorschlags waren zu ähnlich – war der Punkt erneut im Dezember angesetzt. Es gab mehrere Anträge aus Fraktionen, wie die Straßen denn nun zu benennen seien. Um schneller in der Sitzung voranzukommen hat man einen Sonderältestenrat einberufen, der neue Vorschläge erarbeitet hatte.

Dieser Vorschlag wurde am vorletzten Donnerstag im Gemeinderat diskutiert, ebenso die Anträge der Fraktionen. Diese lagen zwar bereits im Dezember vor, ein Gemeinderat nutzte jedoch sein Rederecht, seinen eigenen Vorschlag noch einmal kund zu tun: Manfred Schmidt (FBU/AfD) schlug, ähnlich wie die Grünen, vor, die Straßen nach Widerstandskämpfern zu benennen. Trotz Proteste aller Fraktionen laß er seinen Antrag vor. Darin begründete es ausführlich die Leistungen der gewünschten Namensgeber aus seinem Antrag.

Nach Abschluss des etwa sechs Minuten langen Monologs kommentierte Bürgermeister Reitsberger, man wolle der neuen Gemeinderätin Eva Hemauer den „Geschichtsunterricht nicht vorenthalten“. Renate Will (FDP) nannte den Monolog „unerträglich“ angesichts der Sitzungszeit. „Bei allem Respekt vor den Namen […] wir alle kennen die Geschichte“. Dies stieß fraktionsübergreifend auf Zustimmung.

Michael Niebler (CSU) entgegnete, dass die Rede von Manfred Schmidt kein Geschichtsunterricht sei, sondern eine „willkürliche, einseitige, persönliche Sicht der Dinge“. Der Gemeinderat solle sich mit kommunalen Themen befassen, er sei kein Ort, sich mitzuteilen. Schmidt befände sich außerhalb des Mandats. Schmidt stritt die Vorwürfe ab. Sein Lebenswerk befasse sich unter anderem mit der Aufarbeitung der Nazi-Geschichte. Er habe zahlreiche Quellen ausgewertet.

Die CSU-Fraktion sei der Auffassung, dass die über 30-jährige Tradition der Straßenbenennung fortgesetzt werden soll. Dies seien entweder neutrale Namen (ein Komponist, ein Baum, etc.) oder eine Person mit direktem Bezug zur Gemeinde.

Der Verwaltungsvorschlag, dem bis auf Schmidt alle anwesenden Gemeinderäte zustimmten, hält an der Tradition fest. Die Stichtraße der Fasanenstraße wird gemäß des „roten Fadens“ „Spatzenweg“ benannt. Die Straße des Einheimischenwohnens wird Obstwinkel heißen, während die Stichstraßen Mirabellen- und Quittenhof sowie  Kirsch-, Nuss- und Birnenanger heißen werden.

Nach Abschluss der Bauarbeiten soll eine Streuobstwiese für die Bewohner angelegt werden, um einen zusätzlichen Heimatbezug zu schaffen. Bürgermeister Reitsberger betonte, dass Obstbäume für eine Gartenkultur stünden. Mit der Siedlungskultur erlebte der Obstanbau eine große Blüte. Der Obstanbau wurde wichtiger Teil der Selbstversorgergärten in der Gemeinde. Die ehemaligen Eigentümer des Baugelände waren dem Obstanbau sehr zugewandt.

Im letzten Jahrzehnt habe wieder ein Umdenken eingesetzt: „Ich freue mich über den Obstsaum, der um das Baugebiet gelegt wurde. Die Besinnung auf Anger- und Hofbenennungen erachte ich als gestiegene Wertschätzung als gegeben.“

Die Haupterschließungsstraße wird nach Pfarrer Aigner benannt. 1908 gründete

er gemeinsam mit Weber Franz  den Hohenpoldinger Obstbauverein. 1930 wurde

Pfarrer Korbinian Aigner zum Präsidenten des Obst- und Gartenbauvereins Oberbayern gewählt.

Neben dem Obstbau war Aigner auch sehr an der Tagespolitik interessiert. 1916 war er der Bayerischen Zentrumspartei beigetreten. 1923 besuchte er interessehalber eine Veranstaltung  der NSDAP und hörte dort auch eine Rede von Adolf Hitler. Seit dieser Zeit kämpfte er gegen den Nationalsozialismus. Gerade in seinen Predigten bezog er eindeutig Stellung wofür er mehrfach verhaftet wurde. Am 03.10.1941 wurde er in das Konzentrationslager Dachau verlegt. In Dachau widmete er sich wieder seiner großen Leidenschaft, den Äpfeln. Im Oktober 1945 wurde er zum Landesvorsitzenden des Bayerischen Landesverbandes für Obst- und Gartenbau gewählt. Im Oktober 1966 verstarb er in Freising. Pfarrer Korbinian Aigner wurde mit dem Bayerischen Verdienstorden und der Bayerischen Staatsmedaille in Gold ausgezeichnet. Die bis

heute gezüchtete Sorte KZ-3 wurde im Jahr 1985 zum 100. Geburtstag Aigner offiziell

„Korbiniansapfel“ getauft.

 

Die Gewerbestraße wird „Walter-Bromberger-Ring“ heißen.

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