Hitzige Debatte – Polizei rückt an

Emotionale Diskussion zur Straßensituation

Es ist ein emotionales Thema – für viel Aufmerksamkeit sorgte in der Gemeinderatssitzung am Donnerstag die Situation auf der Johann-Strauß-Straße. Es waren insbesondere Schüler, die die Diskussion verfolgen wollten – nur wenige konnten als Zuschauer in der Turnhalle teilnehmen. Am Ende rückte die Polizei an und löste eine spontane Demonstration vor den Türen des Sitzungsraumes auf. Zwar einigte man sich fraktionsübergreifend auf eine Lösung, doch die reicht den Schülern nicht aus.

Worum geht es? Im September wurde die Johann-Strauß-Straße wieder zu einer in zwei Richtungen befahrbaren Straße – nachdem sie für viele Jahre eine Einbahnstraße war. Gedacht war diese Einbahnstraße nur als Provisorium, das geduldet wurde. Der neue Fahrplan des MVV machte nun aber den Rückbau der Einbahnstraße notwendig, damit Busse in beide Richtungen fahren können. Um für Verkehrssicherheit zu sorgen, führte man eine zeitweise Sperrung des motorisierten Verkehrs in Stoßzeiten ein – doch daran hielten sich viele Verkehrsteilnehmer nicht.

Die Verwaltung führte eine Prüfung durch und stellte fest, dass sich an der Situation nichts ändern solle, wie es in der Beschlussvorlage heißt: „Aufgrund der Ausführungen zum Sachverhalt (geringe Unfallzahlen, nur untergeordnete Geschwindigkeitsüberschreitungen, Bring- und Holverkehr für Kleinkinder) sowie fehlender Finanzmittel (Gewerbesteuerausfälle als Folge der COVID-19-Pandemie) beschließt der Gemeinderat in dem Abschnitt Johann-Strauß-Straße – zwischen Gluckstraße und Rossinistraße vor dem Humboldt Gymnasium/ Kinderhaus Katharina-von-Bora – keinen verkehrsberuhigten Bereich zur errichten.“

Die Lösung eines verkehrsberuhigten Bereichs wurde von einem Verkehrsplanungsbüro zusammen mit vielen Stakeholdern der Straße erarbeitet – Kostenpunkt der favorisierten Lösung: 1,4 Millionen Euro – zu viel für den Gemeindehaushalt.

Der Elternbeirat des Humboldt-Gymnasium kritisierte die Situation: „Es ist ein Unding, so eine Straße, ohne jegliche Verkehrsberuhigung vor einer so großen Schule, wie dem HGV und noch dazu einem Kindergarten zu schaffen“, so in einem Brief. Auch die Schülerschaft wurde aktiv: Ende November schickte der Schülersprecher einen Brandbrief, der von zahlreichen Parteien unterzeichnet wurde, an Bürgermeister Leonhard Spitzauer. Mehrfach ist darin von Angst angesichts der Verkehrssituation zu lesen, ein „Umdenken der Maßnahmen“ sei „unumgänglich“. Kritik übte die Schülermitverwaltung (SMV) auch an der Transparenz der Entscheidungswege. So war zunächst unklar, warum die Aufhebung der Einbahnstraßenregelung erforderlich sei. Dass das in Zusammenarbeit mit den Schülern erarbeitete Konzept keinen Anklang fand, sei bedauerlich. Das Engagement wurde „in keinster Weise honoriert“, die Schüler „waren vor den Kopf gestoßen“, so Schülersprecher Adrian Jerney in seinem Brandbrief an den Bürgermeister. Man mache sich große Sorgen hinsichtlich der Verkehrssicherheit – unter anderem durch die Busse, deren Fahrverhalten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern als „oftmals rücksichtslos“ bezeichnet wird und für Unruhe und Angst sorge. Als Schülerschaft fühle man sich hilflos und rief deshalb zu einem regen Erscheinen bei der Sitzung auf.

Obwohl diese in die Turnhalle verlegt wurde, fanden nur rund 20 Zuschauer Platz – den Abstandsregeln zu verschulden. Die Tatsache, nicht an der öffentlichen Sitzung teilnehmen zu können, sorgte für Frust und Protest – im Saal waren laute Sprechchöre zu hören, der Sitzung war deshalb zeitweise kaum zu folgen. Es rückten drei Polizeifahrzeuge an, um die spontane Demonstration aufzulösen. Ausdrücklich nicht auf Anordnung der Gemeinde, wie Georg Kast, Referent des Bürgermeisters, klarstellte. Es hätten sich wohl Anwohner über die Lautstärke beschwert. Auch wenn der Ausschluss vieler Teilnehmer durch die Gemeinde rechtlich zulässig war – sie hatte keine definierte Gruppe von der Teilnahme ausgeschlossen, sondern die Teilnahmezahl aus Gründen des Infektionsschutzes limitiert, waren viele Schüler verärgert und fühlten sich nicht ernst genommen. „Was lerne ich als Kind? Es passt nicht ins Konzept, wenn ich meine Meinung äußern will“, so ein Leser gegenüber B304.de.

Dass die Situation vor der Schule nicht so bleiben kann, darüber waren sich – entgegen des Verwaltungsvorschlages – alle Fraktionen einig. Man habe daher eine Lösung in Abstimmung mit allen Fraktionen erarbeitet, wie Benedikt Weber (CSU), Referent für Straßen, betonte. Die Schüler wollen für ihre Sicherheit eintreten – das sei angekommen, das große Interesse habe man wahrgenommen. Das größte Problem für die Lage seien die Schülertaxis, so Weber: „Schüler werden kreuz und quer durchlassen“, teils mit Wendemanövern. Um die Verkehrssicherheit zu erhöhen, solle die Verwaltung einen Vorschlag, der aus drei Komponenten besteht, hinsichtlich der Umsetzbarkeit prüfen:

Zum einen soll ein Halteverbot vor dem Gymnasium eingerichtet werden. Nur noch in Seitenstraßen sei dann das Ein- und Aussteigen aus Elterntaxis möglich. Zum anderen wolle man die Johann-Strauss-Straße im kritischen Bereich zu einer Fahrradstraße umbauen. Zudem solle das Tempo während der Schulzeit auf 20 km/h begrenzt werden. Die Devise: Möglichst wenig bauliche Maßnahmen. Die kommunale Verkehrsüberwachung soll die Einhaltung der Regeln überprüfen. Über das Ergebnis der Prüfung soll in einer der kommenden Sitzungen beraten und dann beschlossen werden. Die Maßnahmen sorgten für eine Zustimmung – lediglich Manfred Vodermair (CSU) stimmte gegen den Prüfauftrag. Ein Parkverbot sei für ihn vorstellbar, doch das Thema könne nicht alle 4 Wochen behandelt werden. Es gelte die Straßenverkehrsordnung, an die sich Schüler und Eltern halten könnten.

Vom Prüfauftrag enttäuscht zeigten sich die beiden anwesenden Schülersprecher Henriette Alex und Vajk Boros nach der Entscheidung, denen die Situation der Elterntaxis bewusst ist. Man könne die Elterntaxis aber nicht „wegnehmen“ oder verhindern. Ihre favorisierte Lösung sei die erarbeitete Verkehrsberuhigung – auch, wenn man Verständnis für die angespannte Finanzsituation der Gemeinde habe. Den vor der Sitzung erwünschten Beistand gab es nicht, die Verärgerung nach der Entscheidung war den Schülersprechern deutlich anzumerken. Aufgeben werde man jedoch nicht so schnell: nach der Sitzung suchten die Schüler das Gespräch mit verschiedenen Gemeinderäten. Man wolle konkrete Vorschläge, die auch ohne Kosten in Millionenhöhe möglich sind, erarbeiten, um zur Verbesserung der Situation beizutragen.

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