Ich habe keine Angst“ – mit diesen Worten beendete Girma Fisseha in den letzten Jahren regelmäßig Diskussionen zum Thema Tod. Der Mut eines stolzen Äthiopiers, der bereits 1976 nach Deutschland gekommen war und hier zum deutschen Staatsbürger wurde, war Ato Girma (Herrn Girma) zur zweiten Natur geworden. Mut, der ihn vom Schlüsselwärter eines Museums in Addis Abeba zum „Leiter der Äthiopien-Abteilung des Völkerkundemuseums“ in München und zum Weltbürger werden ließ. Der ihm aber nicht nur Freunde verschaffte: Hat doch so manch ein „ferenji“ (Ausländer) seinen Äthiopier lieber eher hilfsbedürftig und bescheiden sehen wollen, als selbstgewiss und fordernd. Dank seiner Neugier und seines wachen Geistes brachte es Girma – die Menschen in Äthiopien nennen sich beim Vornamen – in den 60er Jahren auch ohne langes, formales Studium zum stellvertretenden Kurator des Ethnologischen Museums in Addis Abeba. Bei Besuchen von Wissenschaftlern im Museum und als Reisebegleiter sog er einfach deren Wissen in sich auf. Als er Ende der 70er Jahre vom Leiter des Völkerkundemuseums Professor Walter Raunig das Angebot bekam, eine „Äthiopien-Abteilung“ in München aufzubauen, musste er nicht lange überlegen. Es folgten viele, gut besuchte Ausstellungen und in Fachkreisen sehr geschätzte Publikationen. 2008 erhielt Girma Fisseha das Bundesverdienstkreuz. 1996, kurz nach der Gründung der Partnerschaft mit Alem Katema, stellte er sich beim Vaterstettener Partnerschaftsverein vor. Seitdem beriet er den Verein in seiner Arbeit und koordinierte auch präsent vor Ort in der Partnerstadt, was bis vor wenigen Jahren, ohne funktionierendes Internet und stabile Telefonverbindung, extrem wichtig war. Seit 2014 kümmerte sich Girma Fisseha dann vor allem in Addis Abeba bei Institutionen und Behörden um die Angelegenheiten des Vereins. Seit 2018 war er auch Landesrepräsentant für die NGO „Die Ofenmacher“, die ihre Entwicklungsarbeit auch in Alem Katema begonnen hatte. Sein Meisterwerk für die Partnerschaft ist und bleibt aber das „People´s Museum“ in Alem Katema. Sepp Klement, der langjährige 1. Vorsitzende der Partnerschaft, erinnert sich: „Er hat „Museum“ gelebt. Ein Glücksfall für die Partnerschaft, denn sein Vorschlag für ein Heimatmuseum in Alem Katema war schon vor 20 Jahren in die Diskussion geraten.“ Nach der Eröffnung der neuen Bücherei 2013 (jetzt „Humboldt Library“) stand das Gebäude der alten Bücherei dafür zur Verfügung. Im Inneren wurde sie, auch unter Mitarbeit von Volunteers aus Deutschland, in ein traditionelles Tukul verwandelt. Die Exponate sammelte Girma vor Ort. Traditionelle Gegenstände, über hunderte von Jahren im Gebrauch in äthiopischen Haushalten, wurden ihm überlassen: „Girma hat mit dem Museum den Gegenständen und Gebräuchen seiner Heimat einen Ort der Erinnerung geschaffen. Und den Menschen eine Identität, die sie erst in vielen Jahren zu schätzen wissen werden.“ Das Museum wurde anlässlich einer Reise zum 20. Jubiläum der Partnerschaft 2014 eingeweiht. 2015 bekam Girma von Bürgermeister Georg Reitsberger den Wappenlöwen als Auszeichnung für seine Verdienste. Auch seinen größten persönlichen Wunsch konnte er sich noch erfüllen: Im Mai 2011 kam sein Sohn Asfa Wossen zur Welt – er benannte ihn nach Dr. Asfa-Wossen Asserate, dem Großneffen des letzten äthiopischen Kaisers – einem persönlichen Freund und Wegbegleiter. Wegen seiner Familie verlegte Girma seinen Wohnsitz wieder zurück nach…