Die Partnerschaft Vaterstetten mit Alem Katema trauert um ihren Ex-Vorstand Gerhard Kittel. Ein Nachruf des Vereins.
Gerhard Kittel war ein Glücksfall für die Partnerschaft mit Alem Katema. Ohne ihn hätte der Verein keines seiner ersten großen Projekte in Äthiopien so einfach realisieren können. Die beiden Kindergärten „Vaterstetten“ (2000) und „Baldham“ (2007) entstanden zu einer Zeit, als der Kontakt in die abgelegene Partnerstadt vor allem bei seltenen Reisen und nur ab und zu per Brief, Fax oder gar Telefon stattfand. Ein Volltreffer, dass der Elektroingenieur als ehrenamtlicher Unterstützer von „Menschen für Menschen“ vor Ort war, um für die Stiftung Großprojekte wie die Elektrifizierung des Krankenhauses umzusetzen.
Die technischen und bürokratischen Probleme räumte er bei seinen Aufenthalten in Äthiopien quasi nebenbei aus dem Weg. Trotz oder gerade weil seiner bestimmenden Art war „Mister Kittel“ bei den Einheimischen sehr beliebt. Ihm war sofort anzumerken, dass er Land und Leute in sein großes Herz geschlossen hatte. Dabei hatte er immer ein besonderes Augenmerk auf die Schwachen und Benachteiligten: Gegen alle Widerstände machte er die gehbehinderte Teodedew Legesse 2004 zur Mitarbeiterin in der von ihm initiierten Bücherei. Dort arbeitet sie heute noch – in einem 2013 Neubau mit dem Namen „Humboldt Library“. Auch ihren Bau hatte Kittel bis zur Fertigstellung betreut. In diese Zeit viel auch seine letzte Reise nach Äthiopien, das er über 20 Mal besucht hatte.
Für die Planung der Bücherei hatte sich der Zornedinger extra noch mal in den Vorstand des Partnerschaftsvereins wählen lassen (2011-2013). Von 2001 bis 2003 war er schon mal dessen Vorsitzender gewesen. Dabei war die bürokratische Vereinsarbeit und die langwierige Entscheidungsfindung so gar nicht seine Sache. Er liebte schnelle, sachliche Entscheidungen und deren zügige Umsetzung.
Gerhard Kittel bereicherte den Verein jedoch nicht nur mit seinem fachlichen Wissen und seinem technisch-organisatorischem Talent. Eine seiner großen Leidenschaften war die Fotografie. Er war auch als Mitglied des Camera-Clubs Markt Schwaben aktiv und mit Preisen erfolgreich. Ihn in Äthiopien ohne Kamera zu sichten, glich einem Wunder. 2011 hatte er im Vaterstettener Rathaus und in der Grafinger Bücherei seine letzte große Ausstellung. Auch im Rahmen der 25-Jahr-Feier der Partnerschaft waren seine Fotos zu sehen. Sie werden dem Verein bleiben und ein Alem Katema in Erinnerungen halten, wie es durch schnellen Wandel in Äthiopien kaum noch existiert. Auch weitere Produkte seines kreativen Schaffens leben weiter: In der St. Michael Church etwas außerhalb der Partnerstadt hat Kittel ein Fenster bemalt. Seine weiß-blauen Rauten, mit denen er die Veranda der ersten Bücherei streichen ließ, zieren inzwischen einige Häuser in Alem Katema.
Nach längerer Krankheit ist Gerhard Kittel am 20. Juni, kurz nach seinem 84. Geburtstag, im Kreise seiner geliebten Familie gestorben. Als großer Freund Äthiopiens und der Partnerstadt wird er immer in unseren Herzen und in unseren Erinnerungen bleiben. Kittel ist nach Norbert Paul und Girma Fisseha der dritte große Förderer, der uns in den letzten Monaten verlassen hat.
Erinnerungen:
Anton Stephan, 1. Vorsitzender des Partnerschaftsvereins: „Gerd Kittel hat 2004 unsere Radtour von Addis Abeba nach Alem Katema logistisch vorbereitet. Die Fahrräder gekauft, die Unterkünfte gebucht und vor allem uns bei der letzten Etappe quasi gerettet indem er mit einem Geländewagen uns entgegenkam. Ich erinnere mich, wie viel Freude im die Einfahrt nach Alem Katema machte: Er saß auf dem Dach des Geländewagens als wir durch die Menschenmenge fuhren. Zur Begrüßung hatte er die Veranda der Bibliothek weiß-blau in Rautenmuster lackieren lassen. Mit diesen Farben wird er uns immer in Erinnerung bleiben.“
Alexander Bestle, Berater der Partnerschaftsvereins: “Gerd hatte die große Gabe auch als Erwachsener die Welt mit der Begeisterung eines Kindes zu sehen. Frisch gepresster Mangosaft brachten seine Augen zu leuchten. Mein erste Äthiopienreise 2008 mit ihm und seiner Frau Evi werde ich nie vergessen.”